von Pater Dr. Erwin Helmle
VORWORT
Es kann nicht Aufgabe der vorliegenden Arbeit sein, die vollständige Geschichte der Katholiken deutscher Sprache in Portugal zu schreiben. Ebensowenig können wir auf alle kulturellen,
wirtschaftlichen oder militärischen Beziehungen zwischen dem alten Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation und Portugal seit dem Jahre 1147 eingehen. Uns interessiert vor allem der religiöse
Sektor, die katholische Seelsorge, kirchliche Persönlichkeiten und Institutionen. Aber auch da sind wir nicht in der Lage, lückenlose Berichterstattung zu gewährleisten. Dazu wären zeitraubende
Studien und Forschungen notwendig, die uns nicht möglich sind.
Die Seelsorge der deutschsprechenden Katholiken wurde durch Jahrhunderte von den Kaplänen der heimatlichen Brüderschaften ausgeübt. Die Namen dieser Geistlichen sind uns fast ausnahmslos
unbekannt. Vieles wäre in den Archiven der alten Klöster noch aufzufinden, soweit diese das grosse Erdbeben 1755 überstanden haben. Allerdings gingen auch beim Klostersturm 1834 viele Dokumente
verloren. In den Konventen der Franziskaner, der Jesuiten und anderer Orden gab es fast immer Patres aus unserer Heimat, die auf den Einsatz in den Missionen warteten. Sie nutzten den Aufenthalt
in Lissabon in der Regel, um sich der deutschsprechenden Landsleute anzunehmen.
Eine wohlgeordnete Seelsorge gab es schliesslich zu Beginn des 18. Jahrhunderts, die bis zum Jahre 1834 dauerte: Königin Marianne aus Österreich, Gattin des Königs Johann V., berief 1708
Karmeliten aus ihrer Heimat, um sich der deutschen Seelsorge zu widmen. Allerdings kann man damals noch nicht von einer eigentlichen Gemeinde der Katholiken deutscher Sprache reden. Diese wurde
erst mit der Ankunft von Viktor Wurzer 1927 gegründet. Vorher gab es keine Kirchenbücher, kein Archiv, auf die sich eine Geschichte der katholischen Deutschen stützen könnte. Auch die Akten der
St. Bartholomäusbrüderschaft, soweit sie noch vorhanden sind, geben über die rein religiösen Aufgaben dieser Vereinigung wenig Auskunft.
Wesentlich leichter lässt sich die Geschichte der evangelischen Gemeinde schreiben: Die Protestanten haben seit der Gründung ihrer Gemeinde im Jahre 1761 genau geführte Kirchenbücher. Da die
Pastoren meist auch Angestellte der Gesandtschaften, sei es Hollands, Dänemarks oder Preussens, waren, geben die Archive der betreffenden diplomatischen Vertretungen ebenfalls manche Auskünfte
über die evangelische Gemeinde.
Wenn wir es trotz der erwähnten Schwierigkeiten wagen, diesen Beitrag zur Geschichte der katholischen Seelsorge deutscher Sprache zu veröffentlichen, so sind wir uns bewusst, dass weitere
Forschungen auf diesem Gebiet nicht überflüssig, sondern bitter notwendig wären.
Vivant sequentes !
Ebikon, im Herbst 1986