EUCHARISTIE

Das Vermächtnis Jesu Christi 


Der "letzte Wille" eines Menschen bedeutet den Angehörigen und Freunden viel. Sie bemühen sich, ihn redlich und treu zu erfüllen. Auch die elf Jünger Jesu haben im Abendmahlsaal ein Vermächtnis empfangen. Und die nach ihnen kamen, erfüllen dieses Testament in einzig dastehender Treue. Der älteste Bericht über das Vermächtnis Jesu Christi ist uns vom Apostel Paulus überliefert und steht im 1. Brief an die Gemeinde von Korinth. Dieser wurde um das Jahr 54 geschrieben und lautet so:
 "Ich habe vom Herrn empfangen, was ich euch dann überliefert habe: Jesus, der Herr, nahm in der Nacht, in der er ausgeliefert wurde, Brot, sprach das Dankgebet, brach das Brot und sagte: Das ist mein Leib für euch. Tut dies zu meinem Gedächtnis! Ebenso nahm er nach dem Mahl den Kelch und sprach: Dieser Kelch ist der Neue Bund in meinem Blut.Tut dies, sooft ihr daraus trinkt , zu  meinem Gedächtnis! "  (1 Kor 11, 23-25) Was Jesus Christus mit diesem Vermächtnis wollte, rührt an ein Geheimnis, das sich in seiner letzten Tiefe dem menschlichen Begreifen entzieht. Es wäre nicht einmal ungewöhnlich, wenn wir an diesem Geheimnis ebenso Anstoß nehmen würden wie einst die Leute von Kafarnaum. Als Jesus damals davon sprach, riefen sie ganz empört: "Wie kann er uns sein Fleisch zu essen geben?" Und selbst ein Großteil seiner Jünger begehrte auf: "Was er sagt, ist unerträglich." Und sie verließen ihn. (Joh 6, 52 und 6, 60) Wir nähern uns dem Abendmahlgeheimnis, wenn wir wie Petrus zu Jesus sprechen: "Du hast Worte des ewigen Lebens. Wir sind zum Glauben gekommen und haben erkannt: Du bist der Heilige Gottes." (Joh 6, 68-69) Dann können wir die Absicht Jesu erahnen, die seinem Vermächtnis zugrunde liegt. Sie läßt sich in zwei seiner Worte zusammenfassen: "Ich bin gekommen, damit sie das Leben haben und es in Fülle haben." (Joh 10, 10) und "Wie ich durch den Vater lebe, so wird jeder, der mich ißt, durch mich leben." (Joh 6, 57) 
Das Leben, das Jesus uns gibt, ist schon in seinem Namen "Retter", "Erlöser", ausgesagt: er erlöst uns von Sünde und Schuld. Er hilft uns, Gott und den Nächsten mit allen Kräften zu lieben. Er befreit uns von unserer Ichverkrampfung und Selbstsucht, damit wir nicht zu Unheilsbringern - vom Familienstreit bis hin zum Völkermord - werden. Er macht uns fähig, einer heillosen Welt Hoffnung zu geben, von der Paulus in bildhaften Worten sagt, daß sie bis zum heutigen Tag seufzt und in Geburtswehen liegt (vgl. Rom 8, 22). Er ruft uns zu einer ewigen glücklichen Gemeinschaft mit Gott. Die lebenspendenden Kräfte Jesu Christi dringen im heiligen Mahl in uns ein. Dieses Geheimnis ist vergleichbar einer Blutübertragung, die Leben spendet und Leben rettet. Paulus sagt in seinem Brief an die Galater: "Nicht mehr ich lebe, sondern Christus lebt in mir." (Gal 2, 20) Das Vermächtnis Christi "das ist mein Leib, das ist mein Blut" ist so ein Geschenk, das jede irdische Kostbarkeit überragt.     Die Kirche feiert Eucharistie 
"Tut dies zu meinem Gedächtnis!" 

Alle großen Ereignisse im Leben werden mit einem Mahl begangen: Geburt, Hochzeit, Jubiläen und auch das Begräbnis eines Menschen. So wurde auch das größte Fest der Juden, das Pascha, mit einem Familienmahl gefeiert. Damals wie heute gedenken die Juden dabei der zentralen Heilstat Gottes, der Befreiung aus der Knechtschaft Ägyp- tens. Das Essen des Lammes, das Teilen ungesäuerten Brotes und das gemeinsame Trinken aus dem Segensbecher spielen bei diesem Mahl eine wichtige Rolle. Als Jesus mit seinen Jüngern das letzte Pascha- Mahl feierte, knüpfte er an diese Zeichen an. Doch er gab ihnen einen neuen Sinn: Alles, was er war, sein Leben und sein Sterben, sein Leib und sein Blut, wollte er für die Menschen geben. Die Evangelisten und der Apostel Paulus überliefern uns den Auftrag Jesu: "Tut dies zu meinem Gedächtnis!" Immer wenn die Jünger sich in seinem Namen versammeln, um Gott zu loben, miteinander das Brot zu brechen und aus dem Kelch zu trinken, will er bei ihnen sein. Die Jünger haben Jesu Auftrag erfüllt. Sie haben sich vor allem am ersten Tag der Woche in seinem Namen versammelt und dabei geheimnishaft erlebt, daß der Gekreuzigte und Auferstandene mitten unter ihnen gegenwärtig wird. Seitdem hat die Gemeinschaft der Kirche niemals aufgehört, sich Sonntag für Sonntag vom Herrn zusammen- rufen zu lassen, um zu tun, was er ihr aufgetragen hat. 
"Lasset uns danken, dem Herrn, unserm Gott." 
Grundstimmung der Gedächtnisfeier des Todes und der Auferstehung des Herrn ist die Freude und die Dankbarkeit. Sie ist es so sehr, daß diese Feier von ihr den Namen bekommen hat: Eucharistie, d.h. Danksagung. Alle Gebete, Lieder, Worte, ja selbst das Schweigen in ihr sind geprägt von der Grundhaltung des Dankens. Mitte und Herzstück der Feier ist deshalb das große Lob- und Dankgebet, das eucharistische Hochgebet. In ihm preist die versammelte Gemeinschaft die Größe und die Herrlichkeit Gottes. Sie dankt Gott für die Gaben der Schöpfung, für seine Liebe und Treue zu den Menschen, und vor allem für seinen Sohn Jesus Christus. 
"...für euch hingegeben."  
Die Mitte der Gedächtnisfeier ist die Gegenwart Jesu Christi, der sich für uns am Kreuz hingegeben hat. Durch sein Lebensopfer am Kreuz hat er die Sünde, die Entfremdung der Menschen von Gott und untereinander als Leiden auf sich genommen. Durch seine Liebe und Hingabe hat er den Menschen den Weg zur Versöhnung mit Gott und untereinander aufgetan. In den Zeichen von Brot und Wein wird die Kreuzeshingabe Jesu gegenwärtig. Dieses Opfer - so betet die Kirche - ist Gott wohlgefällig, makellos und heilig. Zugleich bittet sie, daß wir uns in die Hingabe und Liebe Jesu hineinnehmen lassen. 
"Zu einem Leibe vereint." 
Die Grunderfahrung der Gedächtnisfeier des Todes und der Auferstehung des Herrn ist die der Gemeinschaft. Jesus Christus, der zusammenruft und gegenwärtig wird, stiftet Verbundenheit und Frieden. Das gemeinsame Beten, Singen und Schweigen, die gegenseitige Verzeihung, der Austausch des Friedensgrußes, die gemeinsame Kommunion bauen die versammelte Gemeinde auf als einen Leib in Christus. 
"Geheimnis des Glaubens." 
Alle Worte über die Gedächtnisfeier des Todes und der Auferstehung des Herrn sind bruchstückhaft, sind ein Sehen wie in einem Spiegel, ein Erahnen in Umrissen. Deshalb spricht die Kirche ehrfurchtsvoll von diesem Geheimnis. Die Eucharistiefeier ist ihre Mitte und ihre Quelle, aus der sie lebt. 
(aus " Sakramente im Leben der Familie ", Herausg. Erzb.Ordinariat München ,Seelsorgereferat )